Schilddrüsen-
Chirurgie

Schilddrüsen-Chirurgie

Die Schilddrüse ist eine der wichtigsten Hormondrüsen des Menschen und liegt am Hals unterhalb des Kehlkopfes (siehe Abbildung). Sie speichert Jod und bildet das für den Energiestoffwechsel wichtige Schilddrüsenhormon Thyroxin. Zahlreiche Erkrankungen der Schilddrüse können eine Überfunktion (Hyperthyreose) oder eine Unterfunktion (Hypothyreose) hervorrufen (dazu später mehr).

 

 

Die Unterfunktion (Hypothyreose)


Von einer Unterfunktion spricht man, wenn die Schilddrüse nicht mehr ausreichend Hormon produziert. Die Symptome sind Übergewicht, Haarausfall, Schwellungen, geistige und körperliche Verlangsamung bis hin zur Demenz. Die Diagnose wird durch eine Blutuntersuchung der Schilddrüsenhormone und des TSH (Thyroid stimulierendes Hormon) bestätigt.


Die Überfunktion (Hyperthyreose)


Bei der Überfunktion produziert die Schilddrüse unkontrolliert zu viel Hormon. Gewichtsverlust, Nervosität, Herzrasen und –Stolpern, übermäßiges Schwitzen, Schlafstörungen, Zittern, Durchfall und eine Vergrößerung des Augapfels sind die die häufigsten Probleme. Auch hier wird die Diagnose durch die Blutuntersuchung gestellt. An den Symptomen sieht man bereits, dass weder eine Unter- noch eine Überfunktion wünschenswert ist und die richtige Balance der Schilddrüsenhormone außerordentlich wichtig für unser Wohlbefinden ist.


Der Kropf


Eine dauerhaft vergrößerte Schilddrüse nennt man Kropf oder Struma. Früher war Jodmangel in der Nahrung die häufigste Ursache für eine Erkrankung der Schilddrüse in Zentraleuropa und die Kröpfe konnten zum Teil erhebliche Ausmaße annehmen. Mit der systematischen Jodanreicherung des Speisesalzes ist diese Form der Schilddrüsenvergrößerung bei uns erheblich zurückgegangen. Es gibt aber auch noch eine Reihe anderer Ursachen für eine Schilddrüsenvergrößerung. Diese werden weiter unten im Text beschrieben.


Die Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis)


Man kennt zahlreiche Formen und Ursachen der Schilddrüsenentzündung. Selten sind es hoch akute, schmerzhafte Entzündungen, meist handelt es sich um subakute (De Quervain) oder sogar chronische Verläufe. Hier können bakterielle, virale oder immunologische (Hashimoto) Faktoren eine Rolle spielen. Häufig verläuft eine Thyreoiditis ohne dramatische Symptome oder bleibt manchmal sogar völlig unbemerkt. In den meisten Fällen kommt es zu einer diskreten Schwellung und Vergrößerung der Schilddrüse. In der Regel wird die Diagnose erst durch Blutuntersuchungen gestellt. Meistens führt eine Thyreoiditis zu einer Unterfunktion der Schilddrüse, mit mehr oder weniger ausgeprägter Vernarbung des Gewebes. Die Behandlung erfogt in der Regel durch Gabe von Schilddrüsenhormon, um die Symptome der Unterfunktion effektiv zu bekämpfen. In seltenen Fällen treten Knoten in Erscheinung, die dann genau beobachtet und ggf. auch operiert werden müssen.


Knoten in der Schilddrüse


Bei verschiedenen Erkrankungen der Schilddrüse, unter anderem auch bei Schilddrüsenentzündungen oder beim Jodmangelkropf können sg. Knoten entstehen (Schilddrüse mit Knoten). Sie lassen sich meist deutlich als Verhärtungen tasten und sind vor allem gut im Ultraschall vom normalen Schilddrüsengewebe abgrenzbar. Knoten können völlig harmlose Rückbildungserscheinungen einer vorher vergrößerten Schilddrüse, einfache Zysten aber auch gut- oder bösartige Tumore sein. Daher ist es wichtig, mehr über die Knoten zu erfahren.


Man unterscheidet kalte und warme Knoten.


Von einem kalten Knoten spricht man, wenn der Knoten keine Hormonaktivität zeigt. Dies lässt sich in einer Szintigraphie nachweisen (siehe Abbildung).


Ein warmer Knoten zeigt dahingegen eine übermäßige, unkontrollierte Hormonproduktion. Dies führt meist zu einer deutlichen Überfunktion mit z.T. erheblichen Nebenwirkungen (Herzbeschwerden, Nervosität, Schwitzen, Gewichtsabnahme, Verdauungsprobleme etc.) (siehe Abbildung).


Untersuchungen bei Schilddrüsenerkrankungen


An erster Stelle steht das Abtasten der Schilddrüse. Hier lassen sich Knoten, Unregelmäßigkeiten und Vergrößerungen feststellen.


Einen großen Stellenwert nimmt die Sonographie ein. Hiermit werden Knoten und Zysten genau dargestellt und ausgemessen. Die Knoten können regelmäßig kontrolliert werden und eine etwaige Größenzunahme nachgewiesen werden.


Die Szintigraphie hilft uns bei der funktionellen Einstufung von Knoten. Über eine spezielle Kamera wird die Aktivität und Aufnahme von radioaktivem Jod, das man über die Venen verabreicht, bildlich dargestellt. Schilddrüsenveränderungen können so in „warme“ (Jod speichernde) oder „kalte“ (nicht speichernde) Areale eingeteilt werden.


Laboruntersuchungen beinhalten die Bestimmung der Schilddrüsenhormone (T3 und T4), des TSH und einer Vielzahl von Antikörpern und Globulinen, die Aufschluss über Funktion oder Art der Erkrankung liefern können.


Von einer Punktion der Schilddrüsenknoten zur Gewinnung von Zellmaterial zur zytologischen Beurteilung halte ich persönlich nicht viel. Die Ergebnisse sind meist sehr unzuverlässig und haben nur eine wirkliche Bedeutung, wenn definitiv ein bösartiger Tumor nachgewiesen werden kann. Ist das Ergebnis Tumor-negativ, wird dadurch ein Tumor aber keinesfalls ausgeschlossen und die Klärung erfolgt über die ohnehin notwendige operative Entfernung des Knotens. Außerdem führt eine Punktion nicht selten zu einer schmerzhaften Blutung in der Schilddrüse, die eine geplante Operation durchaus beeinträchtigen kann.


Kernspinn und Computertomographie werden gelegentlich als ergänzende bildgebende Verfahren eingesetzt.


Indikationen zur Operation


Kalte Knoten, die einen Durchmesser von mehr als 1,5 cm haben bzw. im Verlauf an Größe zunehmen, tragen ein ziemlich großes Risiko der bösartigen Entartung. Ich empfehle dringend die Entfernung durch eine Operation, um einen Krebs definitiv ausschließen zu können.


Bei warmen Knoten (autonomes Adenom) steht die Überfunktion der Schilddrüse mit ihren schädlichen Auswirkungen auf das Herz- und Kreislaufsystem im Vordergrund. Auch hier ist die Operation die Therapie der Wahl. Eine Radiojodtherapie, wie sie heute vielfach propagiert wird, halte ich nur bei diffusen Adenomen und bei einer sg. Struma Basedow für indiziert, da hier eine Operation immer die vollständige Entfernung der Schilddrüse bedeutet, was mit entsprechenden Risiken einher gehen kann. Bei vereinzelten warmen Knoten lässt sich das Problem durch eine Operation deutlich gezielter beheben und gesundes Schilddrüsengewebe erhalten („biologische Operation“).


Wenn ein Kropf eine gewisse Größe erreicht, führt das neben dem kosmetischen Aspekt auch häufig zu Druck auf die Luft- und Speiseröhre aber auch auf die Halsgefäße mit entsprechenden Problemen bei der Atmung, beim Essen und bei der Durchblutung. Auch hier ist meist eine Operation angezeigt.


Bei Vorliegen eines bösartigen Tumors der Schilddrüse ist eine Operation praktisch immer erforderlich. Oft wird die Diagnose eines bösartigen Tumors erst nach der Schilddrüsen-schonenden Entfernung eines Knoten gestellt. Dann muss in der Regel der komplette Schilddrüsenlappen, bzw. die gesamte Schilddrüse entfernt werden, zusammen mit den Halslymphknoten im entsprechenden Abflussgebiet. Der 2. Eingriff sollte wenn möglich innerhalb von 2-3 Tagen nach der Erstoperation erfolgen.


Eine Operation der Schilddrüse muss also immer auf die individuelle Situation maßgeschneidert sein. Auf der einen Seite soll gesundes Gewebe so schonend wie möglich erhalten werden. Andererseits muss krankes Gewebe vollständig entfernt werden.


Schilddrüsenoperation und der Stimmbandnerv


Die Nerven, die unsere Stimmbänder kontrollieren, verlaufen direkt hinter der Schilddrüse und sind daher bei einer Entfernung der Schilddrüse gefährdet, insbesondere wenn die Schilddrüse komplett entfernt werden muss oder bei sg. Rezidiv-Strumen (Wiederholungskropf) siehe Abbildung. Um eine Beschädigung während der Operation zu vermeiden, setzen wir heute routinemäßig das sg. Neuromonitoring ein. Hierbei werden die Nerven während der Operation mittels feiner Elektrosonden stimuliert und können damit sehr viel einfacher identifiziert werden.


Medikamente nach der Operation


Nach der Operation (übrigens auch nach einer Radiojodtherapie)nimmt der Patient lebenslang Schilddrüsenhormone ein, um den fehlenden Teil der Schilddrüse zu ersetzen und eine erneute Vergrößerung der Restschilddrüse zu vermeiden. Je schonender die Operation (biologische OP) durchgeführt wurde, umso einfacher ist die Einstellung des Hormonspiegels hinterher. Die Einstellung des Hormonspiegels erfolgt in der Regel durch den Hausarzt mittels Bestimmung des TSH-Wertes, anfangs in 5-6 wöchigen, später in 6-12 monatlichen Abständen. Auch Jahre nach einer Schilddrüsenoperation (bzw. Radiojodtherapie) ist eine regelmäßige Überprüfung des TSH-Wertes sinnvoll.